Absolvent*innenbericht – Judith Waltl, Maturajahr 2016
Als ich 2016 an der HLW für Sozialmanagement maturierte, konnte ich es kaum erwarten, nach Wien zu ziehen und dort ein Studium zu beginnen. Dort angekommen entdeckte und vertiefte ich meine Leidenschaft für Volkswirtschaft an der WU und für Politikwissenschaften an der Universität Wien. Dabei habe ich schnell gemerkt, wie wertvoll meine Schulbildung und vor allem die fünf Jahre Sozialmanagement und Rechnungswesen für mein Studium waren. „Nur“ Studieren war aber dann auch, ähnlich wie „nur“ Schule, nichts für mich. Durch meine Zeit in der Studierenden- und Universitätsvertretung habe ich politisches Feingefühl entwickelt und weit über den Hörsaal hinaus gelernt – Lesekreise, Diskussionsabende und so mancher politische Aktivismus prägten meine Studienzeit. Verantwortung übernehmen, mitgestalten und mit anderen für unsere Anliegen eintreten war auch in meiner Zeit an der HLW schon immer willkommen.
Mit Wien als Herzensort zog es mich dennoch immer wieder hinaus in die Welt. Schon während meiner Schulzeit hatte ich die Möglichkeit, ein Auslandsjahr in Nordirland zu verbringen – von dieser frühen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit habe ich auch nach der Schule sehr profitiert. Waren es zu Schulzeiten noch Praktika in Bosnien-Herzegowina und Kroatien, so wurden es später humanitäre Hilfseinsätze in der Ukraine und auf dem Balkan. Aber auch mit Reisen nach Asien, Amerika und überall, wo ein Zug oder Bus es in Europa hinschafft, habe ich die Welt erkundet.
Nach meinem Bachelor habe ich Wien schweren Herzens verlassen, um im Europäischen Parlament in Brüssel an Wirtschafts-, Finanz- und Gleichstellungsthemen zu arbeiten. Mitten in einer Pandemie in der EU-Hauptstadt zu leben und zu arbeiten, war eine aufregende Erfahrung und hat mir einen tiefen Einblick in die internationale Politik ermöglicht.
Von Brüssel ging es dann aber noch einmal zurück zum Studieren. Meinen Master in Internationaler Ökonomie mit Schwerpunkt auf sozioökologischer Wirtschafts- und Gesellschaftstransformation habe ich in Berlin und Paris als feministische Ökonomin abgeschlossen. In Berlin bin ich geblieben und genieße das Leben in einer weltoffenen und politischen Großstadt. Den Wirtschaftswissenschaften bin ich vorerst treu geblieben und arbeite mittlerweile an meinem Doktorat an der Freien Universität und an der HWR Berlin. „Nur“ eins war aber wieder nicht so meins – ich freue mich sehr, selbstständig in der feministischen Wirtschaftsbildung tätig zu sein und eine Verbindung zwischen den unterschiedlichen Lebensrealitäten und unserer Wirtschaftspolitik zu fördern.
Die Werte und Fähigkeiten, die mir die HLW mitgegeben hat, begleiten mich bis heute: Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und die Fähigkeit, vielseitig zu arbeiten, haben mir in unzähligen Situationen weitergeholfen. Vor allem aber das Über-den-Tellerrand-Hinausblicken, der Sinn für Gerechtigkeit und die klare Haltung gegen Ungleichheit und Ausgrenzung – all das wurde schon während meiner Schulzeit entscheidend geprägt.
Heute stehe ich selbst im Hörsaal und unterrichte – auf einmal in vertauschter Rolle. Auch fast zehn Jahre nach meiner Matura spüre ich noch täglich, wie sehr mich diese Schule und ihre Lehrer*innen geprägt haben. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Judith Waltl